Liebe
Don Juan meinte, er wisse, was Liebe ist. Die Machos unserer Tage bilden sich ebenfalls ein, es zu wissen. Dabei verwechseln sie offenkundig Sex mit Liebe. Es ist aber die Ware Liebe, nicht die wahre Liebe. Das Wort ist in aller Munde, wo es nicht hingehört.
Liebe ist zu wissen, was dem anderen weh tut, und dies nie einzusetzen. Liebe ist, etwas falsch machen zu dürfen, ohne Angst vor einem Gezeter haben zu müssen.
Die einen glauben, den Partner besitzen zu können, ihn zu kaufen, ihn zu manipulieren. Es handelt sich aber nur um die besitzergreifende Beziehung. Und die anderen meinen, es sei ein Ausdruck von Liebe, sich verwöhnen zu lassen bzw den Partner an sich zu binden durch stete Wunscherfüllung. Nein, auch das muss keine Liebe sein; es ist eher eine sich einverleibende Beziehung. Die geht nach einer kurzen Zeit in die Binsen. Und die narzißtische Liebe ist en vogue: die Medien fördern sie, die digitale Technik verbreitet sie. Wer die anderen nur als Deko benutzt und sein schwaches Ich mit stets wechselnden Personen aufpeppelt, handelt nach dem Motto: „Meine Freunde und ich lieben mich sehr.“ Bravo.
Donald Trump ist der Narziß par excellence: solche Typen vertragen keine Kritik, sind erkenntnisresistent, rasch beleidigt, schieben alle Schuld auf die anderen und halten sich für „großartig“.
Nein, die echte Liebe akzeptiert Schwächen, liebt sich und den anderen sozusagen brutto. Sie macht Kompromisse, kann verzeihen, kann loben und zeigt Empathie, also Einfühlungsvermögen.
Wer sich selbst nicht ehrt, nicht annimmt, wer sich nicht abgrenzen kann (also nein sagen), wird sich schwertun mit der Nächstenliebe, ganz zu schweigen von der Feindesliebe, die ja nur darin besteht, endlich Rachegelüste und Rechthaberei aufzugeben.
Bedenken Sie: Nur gekränkte Menschen kränken. Und nur versöhnte Menschen sind liebesfähig.
Bild: undrey adobe stock
Über den Autor/ die Autorin
Pater Dr. Jörg Müller SAC
Pater Dr. Jörg Müller SAC stammt von Bernkastel-Kues an der Mosel (geb 1943). Er durchlitt die Schulzeit, ist zweimal sitzengeblieben, und hat sich dann in den Studien der Theologie , Philosophie und Pädagogik (Trier, Innsbruck), Psychologie und Pathologie (Salzburg) davon erholt. Er war Lehrer an verschiedenen Schulen in Trier, Salzburg, Tamsweg und Saarburg, dann Psychotherapeut mit eigener Praxis, bis ihn der Frust packte und er in Tunesien eine T-Shirt-Fabrik baute. Vom Partner betrogen, kehrte er zurück nach Deutschland und trat in die Gemeinschaft der Pallottiner ein. Das war 1989 am Tag des Mauerfalls. Im Pallotti Haus Freising gründete er die Heilende Gemeinschaft, eine stationäre, therapeutische Einrichtung für Menschen in seelischer Not. Inzwischen hat er über 60 Bücher geschrieben und 4 Lied-Cassetten herausgebracht; er ist unter anderem auch als Kabarettist unterwegs.
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