Ein kurzer Bericht über den Engel,

Ein kurzer Bericht über den Engel,

der Menschen an die Hand nimmt, die Hilfe brauchen.

Wer etwas über Engel wissen will, liest am besten in der Bibel nach. Da findet er alles, was er über die Himmelsboten wissen muss und dazu auch noch Berichte davon, wie sie manchmal liebevoll, manchmal mit großer Macht in das irdische Geschehen eigegriffen und alles zum Besten gerichtet haben.
Von einer solchen Begegnung zwischen Engeln und Menschen, von der der Evangelist Lukas berichtet, will ich hier erzählen, weil mir noch Einzelheiten bekannt geworden sind, von denen Lukas offenbar nichts wusste. Aber ich will auch noch von Dingen berichten, die jeden von uns angehen. Sie werden staunen.

Also: Als Jesus in Bethlehem geboren wurde, waren in derselben Gegend Hirten auf dem freien Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. Die Nacht war so stockfinster, dass die Hirten Mühe hatten, ihre Tiere im Blick zu behalten. Es waren eine ganze Menge Hirten, die dort bei ihren Schafen wachten, alte und junge. Plötzlich aber um Mitternacht umgab sie der Glanz des Himmels, und ein Engel trat zu den erschrockenen Männern. Er verkündete ihnen, dass heute der Heiland der Welt geboren sei, und zwar in einem ihrer Ställe. Die Hirten waren ganz geblendet von dem himmlischen Licht. Als dann auch noch eine große Menge von kleinen und niedlichen Chorengeln erschienen und mit himmlischen Stimmen vom Frieden auf Erden sangen, da war es um die Hirten geschehen. Sie waren glücklich und von überirdischer Fröhlichkeit. Sofort sprangen sie auf und liefen, ohne sich weiter zu besinnen, zum Stall nach Bethlehem, denn der Engel hatte ihnen verkündet, dort würden sie das Kind in einer Krippe liegend finden. Alle Hirten brachen Hals über Kopf auf – bis auf einen. Der jüngste der Hirten, ein Junge von etwa zehn Jahren, lag in seinem Schlaffell, als die Engel ihnen erschienen, und schlief. Er wurde natürlich von dem himmlischen Glanz und dem überirdisch schönen Gesang der Engel wach. Aber er sprang nicht auf, sondern blieb, überwältigt von der himmlischen Schönheit der Musik, liegen und hörte angespannt zu.
Bis der allerletzte Ton verklungen war, hörte er zu, und in ihm war eine Freude, wie er sie noch nie erlebt hatte. „Ach, wenn das noch meine Eltern und meine kleinen Geschwister hören könnten“, dachte er bei sich. Als nun aber die Engel in den Himmel zurückgekehrt und ihr Glanz und ihr Strahlen erloschen war, da richtete sich der kleine Hirte auf und stellte zu seinem Entsetzen fest, dass er mutterseelenallein auf dem Felde war. Alle anderen Hirten hatten ihn verlassen, und die Hütehunde hatten sie auch mitgenommen. Ihn hatten sie vergessen. Da fing er an zu weinen, denn er hatte Angst und fühlte sich entsetzlich einsam in der Finsternis.

Was glauben Sie, was nun geschah? Es geschah etwas Wunderbares. Plötzlich stand ein Engel mit einem weißen, mit goldenen Sternen übersäten Gewand neben dem kleinen Hirten und sprach ganz leise: „Du musst keine Angst haben. Ich bin ja bei Dir.“ „Wer bist Du?“, fragte der Junge erstaunt. „Ich bin einer von den Engeln, die eben noch „Ehre sei Gott in der Höhe“ gesungen haben. Als ich Dich hier so allein liegen sah, habe ich mich entschlossen, noch nicht in den Himmel zurückzukehren, weil ich Dir helfen will. Gib mir Deine Hand. Ich führe Dich zur Krippe und zu dem göttlichen Kind. Willst Du?“ Der junge Hirte nickte, weil er vor Glück kein Wort hervorbringen konnte. Und so wanderten die beiden Hand in Hand über das Feld und waren noch früher in dem Stall als die große Schar der alten Hirten mit ihren Hütehunden.

Von dieser Begebenheit habe ich durch meine Großmutter erfahren, die mir davon in einer Bomben-Nacht in der Adventszeit 1944 im Luftschutzbunker berichtet hat. Und, nachdem sie mir das erzählt hatte, hat sie noch hinzugefügt: „Mein Junge, das ist kein einmaliges Ereignis. Immer, wenn ein Mensch Hilfe braucht, kommt dieser Engel und nimmt ihn an der Hand wenn das der Hilfsbedürftige nur will und daran glaubt. Vergiss das nicht in Deinem Leben.“
Meine Großmutter ist schon lange tot. Sie starb voller Glauben und Zuversicht, und ich bin sicher, sie hat am letzten Ende ihres Lebens dem Engel die Hand gegeben, und der hat sie direkt ins Himmelreich geführt. Ich aber hatte die Geschichte und die Ermahnung meiner Großmutter lange vergessen oder, besser gesagt, verdrängt, weil es mir gut ging und ich keinerlei Not litt. Im Frühjahr dieses Jahres aber spielte plötzlich mein Herz verrückt. Ich musste ins Krankenhaus, und mir wurde eröffnet, dass ich am Herzen operiert werden müsste. Leider bin ich nicht der Mann, der bei solcher Nachricht heldenhaft die Zähne zusammenbeißt oder den nichts erschüttern kann. Ich werde vielmehr schnell von großer Angst so überwältigt, dass ich kaum noch zu einem klaren Gedanken imstande bin.
Wie ich also da so lag am Abend vor der Operation und mir vor Angst die Zähne klapperten, da erinnerte ich mich wieder an den Bericht meiner Großmutter damals im Luftschutzbunker, und ich sagte mir:“ Vielleicht hilft der Engel jetzt auch dir und nimmt dich liebevoll an die Hand. Versuch es einmal, strecke deine Hand aus dem Bett und lass dich führen.“ Und wirklich, der Engel ist gekommen. Er hat an meinem Bett gesessen und mir die Hand gehalten. Er hat mir mit ruhiger Stimme zugesprochen: „Du brauchst keine Angst zu haben. Ich bleibe bei Dir und führe Dich dorthin, wo Du glücklich und in Sicherheit bist.“ Ich wurde ruhig, obwohl mir deutlich war, dass das Land, in das er mich führen würde, nicht unbedingt das Land der alten Heimat sein werde.

Sie sagen, das sei alles Einbildung einer kranken, verängstigten Seele? Ich bin aber so sicher, dass der helfende Engel mir beigestanden hat. Ich könnte es beschwören, und wer mich kennt, weiß dass ich als gelernter Jurist nicht leichtfertig mit dem Eid umgehe. Und außerdem: als ich aus der Operation erwachte, hat er mich wieder bei der Hand genommen und ist mir beigestanden, als ich Schmerzen bekam. Über all das Piepsen und Brummen der Überwachungsgeräte in der Intensivstation habe ich seine Stimme gehört und war beunruhigt. Auch meine Frau war beruhigt, denn ich hatte ihr schon vor der Operation von dem Engel berichtet, und sie wusste mich deshalb in guten Händen.

Ich kann Ihnen nur empfehlen, es auch einmal mit diesem Engel zu versuchen, wenn Sie Hilfe brauchen. Es ist zwar ein Weihnachtsengel, aber er kommt auch, wenn es sein muss, zu anderen Jahreszeiten, wie mein Beispiel zeigt. Er führt Sie dorthin, so Sie glücklich sind – wenn sie es denn nur glauben wollen und daran glauben.

Über den Autor/ die Autorin

Prof. Dr. Uwe Bernzen

Prof. Dr. Uwe Bernzen, Jahrgang 1938, Rechtsanwalt a.D., verheiratet, vier Kinder, 16 Enkel, eine Urenkelin. Seit 40 Jahren in der katholischen Kirchengemeinde Hl. Kreuz in Hamburg-Volksdorf in den verschiedensten Bereichen aktiv, unter anderem 10 Jahre als Vorsitzender des Pfarrgemeinderats. Heute noch in der Leitung eines Seniorenkreises tätig.