Die Sucht nach Veränderung
In den letzten Jahren beobachte ich in unserer Welt eine immer größere werdende Sucht, alles zu verändern. Firmen machen ständig Umstrukturierungsprogramme. Und einzelne Menschen unterziehen sich einem ständigen Veränderungsprogramm. Dazu dienen ihnen die vielen Ratgeberbücher, die ihnen versprechen, dass sie in kurzer Zeit ihr ganzes Leben verändern können. Doch ich erlebe viele, die mit ihren permanenten Änderungsprogrammen an sich selber scheitern. Sie kommen nicht weiter.
Der Grund liegt darin, dass im Verändern etwas Aggressives liegt. Ich bin nicht gut. Ich muss ein anderer werden. Alles muss bei mir ganz anders werden. Ich lehne mich selbst also ab. Und wenn ich mich ablehne, bleibt das, was ich an mir ablehne, an mir hängen. Es ändert sich nichts. Und ich bin enttäuscht, dass all mein Bemühen ins Leere geht.
Die christliche Antwort auf unsere Veränderungswünsche ist: VERWANDLUNG. Verwandlung ist wesentlich sanfter als Veränderung. Verwandlung sagt uns: „Alles darf sein. Würdige Dich so, wie Du geworden bist. Es ist gut, so wie es ist. Aber Du bist noch nicht der oder die, die Du von Deinem Wesen her sein könntest. Das einmalige Bild, das Gott sich von Dir gemacht hat, scheint noch nicht klar in Dir auf.“ Verwandlung geschieht, wenn ich alles, was in mir auftaucht, Gott hinhalte. Und ich stelle mir vor, dass Gottes Liebe in alles strömt, was ich Gott hinhalte. Ich lehne mich selbst nicht ab. Ich schaue an, was in mir ist. Aber ich bringe es in die Beziehung zu Gott. Und ich vertraue darauf, dass Gottes Liebe da hinein strömt.
Mehr ich selbst werden
Dann wird alles, was in mir ist, auch das Chaotische und Dunkle und Unverständliche, durchlässig für den Geist Gottes. Dann scheint durch alles, auch durch meine Fehler und Schwächen hindurch, das eigentliche Bild auf, das Gott sich von mir gemacht hat. Wenn dieses Bild aufscheint, bin ich im Einklang mit mir. Dann hat sich alles in mir zum Guten gewandelt. Ich bin in das Bild verwandelt worden, das Gott sich von mir gemacht hat. Der hl. Paulus beschreibt diese Verwandlung durch das Bild Christi so:
„Wir alle spiegeln mit enthülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wider und werden so in sein eigenes Bild verwandelt, von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, durch den Geist des Herrn.“ (2 Kor 3,18)
Indem wir uns selbst im Spiegel Jesu anschauen und alles in das Licht Jesu halten, werden wir in sein Bild verwandelt. In seinem Bild erkennen wir, wer wir wirklich sind.
Das Ziel der Veränderung ist, ein anderer zu werden. Das Ziel der Verwandlung ist: immer mehr ich selber zu werden. So hat die christliche Botschaft der Verwandlung eine menschenfreundliche Botschaft. Sie befreit uns von der Sucht, uns selbst und alles um uns herum ständig zu verändern und dann doch immer derselbe bleiben zu müssen. Sie zeigt uns Wege, wie wir lebendig bleiben können. Denn nur was sich wandelt, bleibt lebendig. Wer vor lauter Veränderungen immer auf der gleichen Stelle tritt, der erstarrt. Ich wünsche allen Lesern, dass Sie Lust haben auf Verwandlung und dass Sie sich immer mehr in das einmalige und ursprüngliche Bild verwandeln, das Gott sich von Ihnen gemacht hat. ((07.11.16, Bild: pixabay))
Über den Autor/ die Autorin
Anselm Grün
Anselm Grün, Benediktinerpater der Abtei Münsterschwarzach, gilt als einer der bekanntesten Ordensleute in Deutschland und wohl der am meisten gelesene spirituelle Autor der Gegenwart. Er hat über 300 Bücher mit eine Gesamtauflage von über 15 Millionen Exemplaren veröffentlicht, die in rund dreißig Sprachen übersetzt wurden. Auch als Vortragsredner, Kursleiter, Seelsorger und geistlicher Berater hat er sich einen Namen gemacht. Weitere Informationen auch auf Facebook und Youtube.
Veränderung wird in unserer unsicheren, schnellen Welt gefordert. Getreu dem Motto „Stillstand ist Rückschritt“ muss es alle 3 Jahre im Job weitergehen und dann auch besser nur nach oben und nicht zu Seite. Eine Beziehung muss sich regelmässig verändern um „spannend“ zu bleiben, die 5 folgenden Schritte sind bereits geplant, denn sonst zerschlägt sich der ganze Lebensplan. Was auf der Strecke bleibt sind die substantiellen Werte, das Ankommen bei sich selbst, das Wertschätzen der Erreichten. Ich bin gläubige Katholikin, ob ich mich allerdings nur in ein ursprüngliches Bild verwandeln möchte glaube ich nicht, denn auch Gott hat uns ja das Streben mit auf den Weg gegeben. Jeder muss seinen eigenen Weg finden, der Meine ist die Seele und die Menschlickeit und das „Selbstvertrauen“ bei allem Streben und aller Veränderung nicht zu verlieren.