Fastenpredigt: "Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe."

Fastenpredigt am Anfang des dritten Jahrtausends?

Über dem Aschermittwoch stehen diese zwei Worte:
„Kehrt um!“ Mt 3,2

Es sind die Worte von Johannes dem Täufer, der sich in der Wüste von Judäa von Heuschrecken und wildem Honig ernährte: „Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe.“ Die Leute von Jerusalem und ganz Judäa und aus der ganzen Jordangegend zogen zu ihm hinaus in die Wüste, bekannten ihre Sünden und ließen sich im Jordan von ihm taufen. Die Taufe mit Wasser, als Zeichen der Umkehr. Heute glauben nur noch 3 von 5 Katholikinnen und Katholiken an ein Himmelreich.

Die Segensformel beim Aschekreuz lautet: „Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ Es kann und soll auch heißen: Denkt um! Auch wenn es nicht der Glaube an das Himmelreich ist, so können Katholikinnen und Katholiken die Motivation zur Umkehr auch im Hier und Jetzt finden.

Schon im Mittelalter riefen Fastenprediger der Katholischen Kirche zur Umkehr auf. Sie stehen in der Tradition Jesu. Dieser steht in der Tradition der Bibel. Propheten wie Amos oder Jesaja fanden schon vor Jahrtausenden deftige, aufrüttelnde Worte für ihre Mitmenschen.
Den Rufern aller Epochen ging es nicht um Anklage, es ging und geht ihnen um Umkehr, um ein Umdenken, um ein Ende des falschen Handelns, um einen neuen Himmel und eine neue Erde. Bereits im Alten Testament ging es beispielsweise im Amosbuch um die Botschaft vom kommenden Gott, der die Menschen retten will, damit sie die Gaben des Landes und den Ertrag ihrer Arbeit gemeinsam genießen können. Für Amos erfordert der Bund mit Gott, für Recht und Gerechtigkeit unter den Menschen einzustehen.

Und heute? Wir leben mal wieder in einer Wendezeit. Es wird wieder Fastenprediger geben. Doch anders als im frühen Christentum oder im Mittelalter erwarten oder befürchten die Menschen heute keine biblische Endzeit. Selbst unter uns Katholikinnen und Katholiken glauben höchstens ein Viertel, dass es ein Jüngstes Gericht oder eine Hölle geben wird. Weshalb sollten wir also umkehren? Weshalb auf etwas verzichten? Weshalb mit bewährten Traditionen und Gewohnheiten brechen?

Weil Christinnen und Christen für einen neuen Himmel und eine neue Erde stehen. Für ein Reich Gottes, das es bereits jetzt mitten unter uns zu entdecken und zu entfalten gilt. Also für eine permanente, tägliche Umkehr, hin zu mehr Menschlichkeit und Gerechtigkeit. Die kommende Fastenzeit kann – für alle die dazu Lust haben – dazu genutzt werden, zu überlegen, was das konkret für die kommenden Tage, Wochen, Monate und Jahre bedeuten kann.

Angesichts der von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern beschriebenen Kipppunkte der Klimakrise, haftet der gegenwärtigen Wendezeit etwas Apokalyptisches an. Vielleicht müssen wir uns entscheiden, ob wir für unseren wohlverdienten Urlaub schnell noch einmal um die Welt fliegen wollen; unseren Unmut über die vielen Krisen, die uns persönlich bedrohen, schnell noch durch eine Protestwahl für eine undemokratische Partei ausdrücken wollen; schnell noch billigen Kaffee im Supermarkt kaufen, von dem Kleinbauern und ihre Familien nicht leben können;… oder eben nicht.

„Als Johannes sah, dass viele Pharisäer und Sadduzäer zur Taufe kamen, sagte er zu ihnen: Ihr Schlangenbrut, wer hat euch denn gelehrt, dass ihr dem kommenden Gericht entrinnen könnt? Bringt Frucht hervor, die eure Umkehr zeigt, und meint nicht, ihr könntet sagen: Wir haben ja Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott kann aus diesen Steinen Kinder Abrahams machen.
Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt; jeder Baum, der keine gute Frucht hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen.“ (Mt 3,7-10)

Nicht nur Konservative würden Johannes dem Täufer für seine Worte heute empört „Alarmismus“ oder Panikmache vorwerfen. Und den Ruf nach „Umdenken und Umkehren“, als Angriff auf die „normalen Leute“ bezeichnen. Dabei ist der Verweis auf ein Gericht im Jenseits heute vielleicht nicht mehr hilfreich. Angesichts aktueller Krisen und Gefahren, wie einer weltweiten Klimakatastrophe, Diktaturen in Afrika oder sogar Europa, Hungersnot durch zahlreiche Kriege und dramatische Klimaveränderungen… genügt die frohe Botschaft, dass das Reich Gottes schon jetzt mitten unter uns entdeckt werden kann: Menschen, die umdenken, umkehren und gerecht und liebevoll handeln! Menschen, die selbstlos den Krisen die Stirn bieten wollen. Vielleicht ist es kein Zufall, dass der Aschermittwoch in diesem Jahr auf den Valentinstag fällt.

Bild: Катерина Євтехова Adobe Stock

Über den Autor/ die Autorin

Josef Eberhard

Josef Eberhard lebt mit seiner Familie im Landkreis Augsburg. Er ist Diplom-Betriebswirt, Diplom-Pädagoge und Fundraiser. Für die Pallottiner arbeitet er als Referent für die Öffentlichkeitsarbeit und kümmert sich beispielsweise um Internetauftritte und Social Media. Seine kirchliche Prägung stammt aus der Jugendarbeit.