Advent zwischen Wut und Hilflosigkeit?
Advent, Advent. Eigentlich hätte gestern die 4. Kerze brennen sollen. Nur noch wenige Tage bis Weihnachten, bis wir die Menschwerdung Gottes auf Erden feiern. Die Kinder werden langsam unruhig – manche Eltern auch. Wenn einmal im Jahr die ganze Familie zusammen kommt, sollte alles perfekt sein: das Haus sauber, ein gutes Weihnachtsmenü auf dem Tisch und die perfekten Geschenke unterm Baum.
Gestern hat ein anderes Licht den vierten Advents geprägt: Blaulicht. Ich selbst bin Christin, Pressesprecherin eines Ordens und versuche nicht erst seit „Eingemischt“, mit einem offenen Ohr in den sozialen Medien „Themen“ und „Stimmungen“ aufzufangen. Ich weiß nicht, wie es euch und Ihnen gestern Abend ging – ich jedenfalls wechselte zwischen Laptop und Fernseher, im Bauch eine wüste Mischung aus Wut und Hilflosigkeit. Wut auf den Mann, der einen LKW-Fahrer erschoss und dessen Fahrzeug in eine Menschenmenge am Berliner Weihnachtsmarkt steuerte. Wut, weil unschuldige Menschen verletzt und getötet wurden. Wut, weil nicht einmal ein heimeliger Weihnachtsmarkt sicher ist.
Ein Blick auf Facebook machte es nicht besser: Die AfD ließ nicht einmal das Blut der Opfer von Berlin kühlen, ehe das Geschrei losging: „Wir sind nicht mehr sicher!!!“. Wilde Spekulationen, Gerüchte, Anschuldigungen, Selfies am Tatort. Extreme in beide Richtungen: ohne zuverlässige Informationen, ohne Hemmung und ohne jede Pietät. Mögen die Opfer in Frieden ruhen!
„Ihr seid nicht mehr sicher!“, war die Botschaft, die uns ein einziger Täter geschickt hat. Die Populisten und Extremisten nun munter verbreiten. Mission erfolgreich? Hier geht meine Wut in Hilflosigkeit über. Wir sind doch so viele!? Wie kann ein einzelner Mann einem ganzen Volk das Gefühl der Sicherheit nehmen?!
„Geh nicht auf den Weihnachtsmarkt“, bat mich meine Mutter vor einigen Tagen. Ich wohne in München, sie in einem Dorf in NRW. Damals habe ich noch geschmunzelt. „Ich fahre jeden Tag von München zur Arbeit nach Augsburg“, habe ich gesagt. „30 Minuten mit einem Fiesta auf der A8 – zwischen lauter BMWs, Audis und anderen wüsten Autofahrern. Was ist wohl gefährlicher?“ An diesem Morgen weiß ich noch, dass ich Recht habe. Trotzdem wird beim nächsten Weihnachtsmarkt ein schales Gefühl mitgehen.
Doch deswegen bleibe ich nicht zuhause. Ich werde heute bewusst einen Weihnachtsmarkt besuchen. Bewusst eine Tasse Glühwein trinken. Und heute Abend bewusst den Adventskranz anzünden. Mit freundlichen Grüßen an jene, die mit ihrem Terror ein Gefühl der Unsicherheit unter uns streuen wollen. Im Gedenken an jene, die gestern ihr Leben ließen. Als Genesungswunsch für die Verletzten in den Krankenhäusern. Deutschland ist ein christlich geprägtes Land. Darauf bin ich stolz! Und das lasse ich mir nicht nehmen! Gott ist Mensch geworden. Das werde ich dieses Jahr noch etwas bewusster feiern. Frohe Weihnachten euch allen!!!
Über den Autor/ die Autorin
Janina Beckmann
Janina Beckmann, Jahrgang 1989, ist Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der Gemeinschaft der Pallottiner und „Redaktion“ des Blogs „Eingemischt“. Schon zu Schulzeiten schrieb die spätere Germanistin für die Tagespresse, später kamen Zeitschriften, Magazine u.v.m. hinzu. Nach dem Studium absolvierte sie ein Volontariat als Sachbuchlektorin, ehe sie die Pallottiner kennenlernte.
Liebe Frau Lauer, herzlichen Dank – ein friedliches 2017 wünsche ich auch Ihnen und uns allen.
Ich bin ganz Ihrer Meinung: den Weg des Friedens können wir nur gemeinsam gehen. Nicht zuletzt „dank“ der sozialen Medien scheint diese Erkenntnis leider immer mehr verloren zu gehen. Man liest nur noch von „wir“ und „ihr“ – steckt Menschen je nach Alter, Geschlecht oder Herkunft in „Schubladen“ und lässt sie nicht mehr heraus. Fremde Meinungen werden immer weniger toleriert bzw. einfach weggeklickt und ignoriert. Inzwischen ziehen auch einstmals „klassische“ Medien mit. Spitze Anschuldigungen und harte Begriffe provozieren, bringen „Klicks“ und somit Reichweite. Eine Zukunftsperspektive für die Medien – aber für die Menschen … ? Das Bedürfnis nach Frieden (gleiches gilt leider auch für das Gegenteil) ist nicht auf eine Alter- oder Bevölkerungsgruppe begrenzt. Würden sich die Menschen mehr auf das Verbindende als auf das Unterscheidende konzentrieren, würden sich der Menschheit ganz neue Perspektiven ergeben …
Herzliche Grüße aus dem Friedberger Provinzialat,
Janina Beckmann
Liebe Frau Beckmann,
auch wir hatten auf dem Fuldaer Weihnachtsmarkt ein Friedensgebet für die Opfer und für uns alle.
Ich bin froh und dankbar, dass meine afghanischen Freunde mit mir dort waren. Ich bin mir sicher, dass wir
den Weg nur miteinander gehen können.
Alles Gute … und Ihnen und uns allen ein möglichst friedliches Jahr 2017 – trotz allem!!!
Vielen Dank Frau Beckmann,
Sie sprechen mir aus dem Herzen.
Auch ich werde weiterhin den Weihnachtsmarkt besuchen und mir nicht vorschreiben lassen, ob und wann ich zu feiern habe und mich auch nicht von Aktivitäten im öffentlichen Raum abhalten lassen.
Terror bedeutet auf lat. Furcht – diese Terroristen möchten Angst und Furcht verbreiten und Deutschland auf Dauer destabilisieren. Die politischen Debatten, die momentan wieder geführt werden, tragen das Ihrige dazu bei.
Jan Böhmermann schrieb heute in der AZ:
„Es gibt keine politische Antwort auf Hass. Nur Unerschütterlichkeit, Vernunft und Menschlichkeit. Und Zusammenhalt für die Freiheit.“
Wie wir gestern Abend auch feststellen mussten hat der Anschlag auch keinen Bezug zu Flüchtlingen. Wie schnell neigt man heutzutage zu Vorverurteilungen. Man sollte sich hüten vor vorschnellen Anschuldigungen.
Die Flüchtlinge, die in unser Land kommen haben den Terror und die Angst hautnah erlebt. Sie haben um Schutz und Asyl gebeten und erhoffen sich endlich Sicherheit und Frieden.
Wir sind in Deutschland, dank Frau Merkels Asylpolitik, auf einem guten Weg. Flüchtlinge werden in Zukunft mit uns leben. Sie sind Menschen wie du und ich. Integration braucht seine Zeit. Wir alle sollten uns bemühen Ihnen alle erdenkliche Hilfe zukommen zu lassen.
Gestern haben Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen und Konfessionen gemeinsam Gottesdienst gefeiert.
Sie haben ein Zeichen gesetzt, gegen Hass und Gewalt.
Das zeigt, wir sind auf dem richtigen Weg. Die Gewalt hat nicht gesiegt.