Der Rosenkranz - eine missverstandene Meditation

Wer Menschen oder Sachverhalte nicht kennt, ist schnell versucht, sie im negativen Licht zu sehen. So geht es auch dem Rosenkranzgebet. Wenn im Fernsehen Dokumentarfilme über monoton betende Buddhisten oder Moslems gezeigt werden, durch deren Finger eine Perlenkette gleitet, dann mit großem Respekt. Bei Christen hingegen, die ihre Perlenkette in der Hand halten, wird eher mal eine Schieflage präsentiert. Fair ist das nicht.

Das 54 Perlen umfassende Band dient der Meditation über das Leben Jesu; in 5 Gesätzen betrachtet der Beter verschiedene Stationen und lässt dabei je 10 Perlen pro Gesätz durch die Finger gleiten. Das „Herunterleiern“ der Ave-Marias ist kein Hinweis auf mangelnde Konzentration, sondern dient der Zeitvorgabe von ca 3 Minuten pro Gesätz, wobei die Monotonie nur eines zum Ziel hat: Erzeugung von Alphawellen als Voraussetzung für den meditativen Versenkungszustand.

So dauert ein vollständiger Rosenkranz ca 20 Minuten. Das ist genau jene Zeit, die der Mensch benötigt, um in einen angenehmen Ruhezustand zu kommen. Die ständigen Wiederholungen sind der eigentliche Knackpunkt dieser Gebete. Sie bauen im Gehirn die Alphawellen auf.

Untersuchungen haben ergeben, dass regelmäßige Beter Wellnesshormone erzeugen: So finden sich bei ihnen mehr Serotonin und Dopamin als bei gestressten Nichtbetern. Meditative Versenkungen fördern also die Gesundheit.  ((19.01.17, Bild: pixabay))

Über den Autor/ die Autorin

Pater Dr. Jörg Müller SAC

Pater Dr. Jörg Müller SAC stammt von Bernkastel-Kues an der Mosel (geb 1943). Er durchlitt die Schulzeit, ist zweimal sitzengeblieben, und hat sich dann in den Studien der Theologie , Philosophie und Pädagogik (Trier, Innsbruck), Psychologie und Pathologie (Salzburg) davon erholt. Er war Lehrer an verschiedenen Schulen in Trier, Salzburg, Tamsweg und Saarburg, dann Psychotherapeut mit eigener Praxis, bis ihn der Frust packte und er in Tunesien eine T-Shirt-Fabrik baute. Vom Partner betrogen,  kehrte er zurück nach Deutschland und trat in die Gemeinschaft der Pallottiner  ein. Das war 1989 am Tag des Mauerfalls. Im Pallotti Haus Freising gründete er die Heilende Gemeinschaft, eine stationäre, therapeutische Einrichtung für Menschen in seelischer Not. Inzwischen hat er über 60 Bücher geschrieben und 4 Lied-Cassetten herausgebracht; er ist unter anderem auch als Kabarettist  unterwegs.