Diskret, Demütig, Duldsam - darf ein Mann das noch sein?
Die Habsburger verehren Josef als Hausheiligen; die Arbeiter haben ihn als Patron; die Spanier feiern an seinem Fest den Vatertag; Flüchtlinge und Reisende rufen ihn an, und Pius IX machte ihn zum Patron der katholischen Kirche.
Bis heute ist Joseph einer der weltweit gebräuchlichsten Vornamen in nahezu hundert nationalen und verballhornten Varianten, so im deutschen Sprachraum als Sepp, Jupp, Beppo, Joop oder Joschka.
Dieser bescheidene Zimmermann war immerhin aus dem Geschlecht Davids und verlobt mit dem jüdischen Mädchen Maria.
Aus seiner ersten Ehe brachte er einige Kinder mit, die im Matthäusevangelium „Geschwister Jesu“ genannt werden. Es könnten aber auch Vetter und Cousinen sein. Aufgrund der rätselhaften Schwangerschaft seiner Verlobten wollte er sich von ihr trennen; er hätte sie ja auch verraten und somit der Todesstrafe ausliefern können. Tat er nicht, weil er diskret war und gottverbunden.
Von Herodes verfolgt, flüchteten sie mit dem Kind nach Ägypten; dann taucht Josef zum letzten Mal auf, als sein Sprößling drei Tage verschwand und im Tempel lehrte. Von da an wird er nicht mehr erwähnt.
Als Vorbild für junge Männer scheint er nicht geeignet; denn heute ist machohaftes, narzisstisches Auftreten gefragt, kämpferisch, karrierebewußt. Da hat er aber schlechte Karten. Aber dringend vorbildlich ist er dennoch: Er hat nämlich die drei D-Tugenden, die heute den meisten völlig abhanden gekommen sind: Diskretion, Demut und Duldsamkeit. Allein deshalb ist er es wert, verehrt zu werden.
Angeblich soll sein Festtag am 19. März das Ende des Winters einläuten, sagt doch eine alte Bauernregel:
„Wenn’s erst einmal Josefi ist, / so endet auch der Winter g’wiss.“
Na hoffentlich.
((24.02.17; Bild pixabay))
Über den Autor/ die Autorin
Pater Dr. Jörg Müller SAC
Pater Dr. Jörg Müller SAC stammt von Bernkastel-Kues an der Mosel (geb 1943). Er durchlitt die Schulzeit, ist zweimal sitzengeblieben, und hat sich dann in den Studien der Theologie , Philosophie und Pädagogik (Trier, Innsbruck), Psychologie und Pathologie (Salzburg) davon erholt. Er war Lehrer an verschiedenen Schulen in Trier, Salzburg, Tamsweg und Saarburg, dann Psychotherapeut mit eigener Praxis, bis ihn der Frust packte und er in Tunesien eine T-Shirt-Fabrik baute. Vom Partner betrogen, kehrte er zurück nach Deutschland und trat in die Gemeinschaft der Pallottiner ein. Das war 1989 am Tag des Mauerfalls. Im Pallotti Haus Freising gründete er die Heilende Gemeinschaft, eine stationäre, therapeutische Einrichtung für Menschen in seelischer Not. Inzwischen hat er über 60 Bücher geschrieben und 4 Lied-Cassetten herausgebracht; er ist unter anderem auch als Kabarettist unterwegs.
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