Wir Christen müssten erlöster aussehen?
- Eine Ode an die Freude!
Macht ein frohes Gesicht
Vinzenz Pallotti schrieb einmal: „Durch ein heiteres und frohes Gesicht können wir beweisen, dass die Nachfolge Christi unser Leben mit Freude erfüllt. Heilige Heiterkeit und geistliche Freude sind kostbare Früchte des Heiligen Geistes. An ihnen erkennt man die wahren Diener Gottes.“
Nicht Vinzenz Pallotti allein konfrontiert uns mit solch einer steilen These. Der Philosoph Friedrich Nietzsche hat einige Jahre später Ähnliches beobachtet und festgestellt: „Die Christen müssten mir erlöster aussehen. Bessere Lieder müssten sie mir singen, wenn ich an ihren Erlöser glauben sollte.“
Frohe Botschaft als Auftrag
Manchmal frage ich mich auch selbst: Wo ist denn bei uns die Freude geblieben, von der Jesus im Johannes-Evangelium spricht (Joh 17,13)? Jesus betet und bittet für seine Jünger darum, dass sie seine Freude in sich haben sollen. Und „Evangelium“ heißt ja übersetzt: frohe, frohmachende Botschaft; eine Botschaft, die Freude am Leben verheißt.
Papst Franziskus hat im November 2013 diesem Thema sein erstes apostolisches Schreiben gewidmet – mit dem Titel: „Evangelii gaudium“. Darin heißt es in der Einleitung: „Die Freude des Evangeliums erfüllt das Herz und das gesamte Leben derer, die Jesus begegnen. Diejenigen, die sich von ihm retten lassen, sind befreit (…) von der Traurigkeit, von der inneren Leere und von der Vereinsamung. Mit Jesus Christus kommt immer – und immer wieder – die Freude.“
Das ist ja doch eine wirklich ernste Anfrage an uns Christen: Müssten wir nicht mehr Freude ausstrahlen? Dieser Vorwurf trifft mich auch selbst.
Nicht Schwere, aber auch nicht Spaß
Aber es kommt noch ein zweites hinzu: Jahrhunderte lang hat sich das Christentum eher mit dem Gegenteil beschäftigt: Sünden bekennen, bereuen, Buße tun, Fasten üben, umkehren – das sind doch immer noch sehr geläufige Übungen einer Frömmigkeit des niedergeschlagenen Blickes. Nicht, dass das Jesus fremd gewesen wäre, aber er hat seine Jünger doch noch viel mehr gelehrt: nämlich eine tiefe Spiritualität der Lebensfreude: Wo Gott dem Menschen begegnet, da herrscht Freude, da entfaltet sich himmlische Leichtigkeit, befreit von aller Schwere, da ist Lachen angesagt – und nicht Trauer und Weinen!
Also geht es darum, möglichst viel Spaß zu haben? – „Viel Spaß!“, so lautet inzwischen ja der gängige Gruß zum Abschied. „Viel Spaß“ – wohin man auch geht: ob ins Theater oder zur Arbeit (manchmal soll Arbeit ja tatsächlich Spaß machen!), ob in den Gottesdienst oder ins Kino, zum Essen oder zu einem ernsthaften Gespräch. „Viel Spaß!“ Als käme es darauf an! – Nein, mit Freude ist etwas anderes gemeint als Spaß! Freude spiegelt sich im ganzen Menschen wider. Richtige Freude sehen wir einem Menschen von weitem an. Da lacht mehr als nur der Mund. Da lacht der ganze Mensch, da strahlt es einem entgegen, innen und außen. Und ich denke: Christen haben tatsächlich Grund zu solcher Freude.
Ansteckend sein
Ich wünsche uns allen, dass es uns gelingen möge, die Freude, die Gott uns schenkt, auszustrahlen, weiterzugeben und andere damit anzustecken!
Der von mir sehr geschätzte Hanns Dieter Hüsch beschreibt in einem Gedicht diese Freude; er beschreibt sie als seine eigene Freude und so formuliert er einmal:
„Mit fester Freude lauf ich durch die Gegend,
mal durch die Stadt, mal meinen Fluss entlang.
Jesus kommt,
der Freund der Kinder und der Tiere.
Ich gehe völlig anders.
Ich grüße freundlich,
möchte alle Welt berühren.Mach dich fein,
Jesus kommt.
Schmück dein Gesicht,
schmücke dein Haus und deinen Garten.
Mein Herz schlägt ungemein,
macht Sprünge.
Mein Auge lacht und färbt sich voll mit Glück.
Jesus kommt.
Alles wird gut.“
Ihr könnt anders sein
Ja, so ist das mit der Freude: Völlig überraschend erlebe ich mich zutiefst beschenkt – und diese Freude begeistert, ja, sie verwandelt; sie macht bisher Unmögliches möglich. Aber diese Freude kann ich mir nicht selbst nehmen oder aneignen oder antrainieren. Auch die Freude am Glauben nicht! Freude passiert einfach, sie begegnet mir und nimmt mich mit, sie begleitet mich ein Stück meines Weges.
Wenn ich mich öffnen lasse, wenn ich sie hinein lasse in mein Herz, wenn ich mir die Frohe Botschaft gesagt sein lasse: Freu´ dich, Christus, dein Retter ist da! Gott ist hier, mitten unter uns! Das Jenseits fängt im Diesseits an, der Himmel berührt die Erde, das Leben beginnt vor dem Tod! Die Lebenden sollen von den Toten auferstehen!
Das ist das Evangelium, das ist die Frohe Botschaft, das ist die Freude, die Gott uns allen schenken will: Ihr, die ihr Gott sucht, öffnet eure Augen! Öffnet eure Herzen! Er ist unterwegs, euch zu suchen und zu finden – so wie ein Vater seine Kinder sucht. Ihr, die ihr oft einsam seid, die ihr oft nur auf euch bezogen lebt, ihr könnt anders sein: Ihr könnt euer Zusammenleben aus dem Glauben an Gott gestalten – in Gerechtigkeit, in Liebe und in Menschenfreundlichkeit. Dann erfahrt ihr in eurem Leben Sinn und Freude!
Unsere Haltung macht den Unterschied
Wenn ich die Wirklichkeit Gottes in meinem Leben entdecke, erfüllt mich plötzlich eine Freude, die mein Leben verwandeln kann. Nicht, dass dann alles gut und schön wird und dass ich nur noch meinen Spaß habe. Nein, das ganz sicher nicht! Aber die Haltung, die ich zum Leben einnehme – sie verwandelt sich, im Glück ebenso wie im Unglück.
Je mehr Gott in meinem Herzen ankommt, desto mehr werde ich selbst ein anderer: einer der sein ganzes Leben vor ihn bringt. Einer, der sich im Glück freut und dankbar ist. Aber auch einer, der im Unglück vor Gott steht, einer, der klagt und bittet, der ihn um die Kraft bittet, das Unabwendbare hinzunehmen, es zu tragen und unter seiner Last als Mensch nicht zu zerbrechen, bis ich dann schließlich sagen kann: „Gott, du mutest mir zu, dies zu tragen, aber du wirst mir auch die Kraft dazu schenken!“ Mit dieser Zustimmung wird dem, was mich bedrückt, die scheinbar schicksalhafte Sog-Kraft genommen. Dann kann auch die Verbitterung weichen, und vielleicht kann ich auch wieder neu Freude an dem finden, was mir an Schönem geblieben ist – oder gerade jetzt wieder neu aufscheint.
Das ist die „feste Freude“, die mir der Glaube schenken will: Im festen Vertrauen darauf, das Gott Ja zu mir sagt, kann ich mich selbst annehmen – und die Menschen um mich herum; ich kann in echter Mitmenschlichkeit anderen verbunden sein; ich brauche bei unabwendbarem Leid und angesichts des Sterben Müssens nicht zu verbittern. Ich kann alles Schwere und jedes Unglück ernst nehmen, ebenso wie das vordergründige Glück. Aber ich bin mir auch bewusst, dass es immer nur ein Vorletztes ist; ich brauche es nicht allzu ernst zu nehmen. Das nenne ich “Begeisterung für das Leben“!
Wie hat es Hanns Dieter Hüsch gesagt? „Mit fester Freude lauf ich durch die Gegend (…) Mein Auge lacht und färbt sich voll mit Glück. Jesus kommt. Alles wird gut.“
Über den Autor/ die Autorin
Pater Siegfried Modenbach SAC
- Jahrgang 1962
- Studium der Theologie in Fulda und Ro
- Studium der Sozialpädagogik in Fulda
- 1990 Noviziat der Pallottiner
- 1992-2002 Leiter des Jugendhofes in Olp
- 1995 Priesterweihe
- 2002-2007 Regens in Vallendar
- seit 1. Oktober 2007 Leiter des Katholischen Forums
- seit 2010 Vorstandsmitglied der Aidshilfe Dortmund
Alles richtig und doch fehlt das Entscheidende – der Reichtum, der uns in Christus geschenkt ist, wird uns mit durch den Heiligen Geist erschlossen. Das Gebot der Stunde – die Verehrung des Heiligen Geistes, die Bitte, komm erfülle mich. Ohne Pfingsten, und darum müssen wir immer neu bitten, bleiben wir kraftlos und ohne Ausstrahlungskraft. Ja, wir müssten wirklich erlöster aussehen!! Die Erlösung in Christus ist vollbracht, mehr geht nicht, doch die Leuchtkraft dieser Erlösung vermittelt nur der Heilige Geist. Ich wünsche uns Christen, dass wir tief um ein erneutes Pfingsten bitten. Weil es viele schon sehr lang tun, wird es uns sehr bald geschenkt werden. Dieter Dietzold, Pfarrer im Ruhestand aus Leipzig