Alle sind eingeladen

Warum nicht einmal nach Rom? Rom ist Sehnsuchtsort für viele. Die ewige Stadt hat eine Menge an Kultur und europäischer Geschichte zu bieten. Auch die Mentalität der Menschen dort spricht an: die spanische Treppe, das italienische Eis, der Trevi-Brunnen. Rom mit dem Vatikan ist Mittelpunkt der katholischen Welt. Zum Heiligen Jahr 2025 werden zusätzlich zu den rund 35 Millionen Touristen pro Jahr noch einmal 50 Millionen Pilger erwartet.

Baustellen und Verkehrschaos

Sich in Rom fortzubewegen, war noch nie besonders einfach: Man wartet an Haltestellen auf Busse, die nie kommen, schlängelt sich hupend mit Auto oder Roller durch den Verkehr und um Schlaglöcher herum oder wird als Fußgänger durch Besuchergruppen ausgebremst. Seit rund zwei Jahren blockieren nun zusätzlich dutzende Baustellen die Wege durch die Stadt. 137 Baustellen sollen es sein.

Die Absperrungen strahlen meist freundlich in Weiß und Gelb – den Farben des Vatikans. „Roma Giubileo 2025“ steht auf den Planen. Zusätzlich zu den Touristen, die täglich zu Tausenden Rom besuchen, werden im Heiligen Jahr noch weitere 100.000 Pilger pro Tag erwartet. Rund vier Milliarden Euro sollen insgesamt für das Heilige Jahr verbaut werden. Das Geld kommt vom italienischen Staat, vom Vatikan und von der EU. Ein ziemliches Verkehrschaos wird befürchtet.

Dass einige wichtige Straßen und Plätze zu Fußgängerzonen umgewandelt wurden, erschwert die Situation zusätzlich. Die Preise für die Einfahrt von Reisebussen in die Stadt sind drastisch erhöht worden – bis zu 300 Prozent, von etwa 150 Euro auf 451 Euro. Soweit möglich, ist man also am besten zu Fuß unterwegs.

Anderen Hoffnung bringen

Seit 1475 wird alle 25 Jahre ein Heiliges Jahr begangen, in dem gläubige Katholiken nach Rom kommen sollen, um die Heilige Pforte zu durchschreiten und die vier Hauptkirchen Roms zu besuchen: den Petersdom, die Lateranbasilika, Santa Maria Maggiore und St. Paul vor den Mauern.

Ein Heiliges Jahr ist ein besonderes Gnadenjahr. Alttestamentlicher Hintergrund ist das Jobeljahr, das nach 7×7 Jahren zum 50. Jahr ausgerufen wurde. Sieben gilt als heilige Zahl. Der siebte Tag ist der Sabbat zur Ehre des Herrn. Das Jobeljahr wurde mit dem Klang von Hörnern (hebr. Jobel) eröffnet. Das siebte Jahr gibt als Gnadenjahr Anlass zu Jubel. Deswegen wird es auch Jubeljahr genannt: ein Jahr, in dem den Menschen ein Neuanfang gewährt wird. Vieles wird gleichsam wieder auf Anfang gestellt, denn das Land und die Menschen gehören dem Herrn.

So ist auch das christliche „Heilige Jahr“ ein Gnadenjahr des Herrn. Ein Neuanfang wird gewährt, wenn Menschen sich neu von Gott und seiner Liebe umfangen lassen. Der am Ostermontag verstorbene Papst Franziskus hat das Heilige Jahr 2025 unter das Thema „Pilger der Hoffnung“ gestellt.

Alle sind eingeladen

Unsere Welt braucht nicht eine Verdopplung ihrer Hoffnungslosigkeit und des Klagens über all das, was zerbrochen, verletzt und zerstört ist. Vielmehr werden Menschen der Zuversicht und Hoffnung gebraucht, die andere aufrichten und Gewalt und Zerstörung überwinden helfen. Papst Franziskus hat alle, die sich Christen nennen, dazu eingeladen, solche Menschen zu werden und sich als Pilger der Hoffnung erneuern zu lassen.

Erinnert wird in diesem Heiligen Jahr auch an das christliche Glaubensbekenntnis, das vor 1700 Jahren in den beiden Konzilien von Nizäa (325) und Konstantinopel (381) Gestalt annahm.

Unsere Welt braucht die Kraft des Herzens

Ein Heiliges Jahr will Menschen einen Neuanfang ermöglichen – in ihrem Glauben und in ihrer Lebensweise. Katholiken suchen ihren Glauben im Gebet, in der Feier der Eucharistie, im Sakrament der Versöhnung (der Beichte) und im Besuch einer Kathedralkirche, wenn möglich Rom, zu vertiefen. Auch in den Krisen unseres persönlichen Lebens, in den Krisen der Gesellschaft, der Kirche und der Welt soll ein Neuanfang gewagt werden. Alles soll sich neu orientieren, damit Menschen aufatmen und neue Hoffnung schöpfen können – auch in der Wirtschafts-, Arbeits- und Finanzwelt.

Ein Heiliges Jahr will dazu ermutigen, Menschen und Natur nicht mehr gnadenlos auszubeuten, sondern mehr Gnade und Barmherzigkeit walten zu lassen. Wie die Heilige Pforte im Petersdom unter weltweiter Beteiligung aufgestoßen wurde, so sind alle Menschen eingeladen, Tore der Hoffnung aufzustoßen – in all den Krisen und Ängsten, die uns zu schaffen machen.

Für meine Begriffe hat uns Papst Franziskus in seiner letzten Enzyklika „Dilexit nos – Er hat uns geliebt“ vom Oktober 2024 sein Vermächtnis hinterlassen. Unsere von Technik, Zahlen und Vernunfterkenntnissen bestimmte Welt bedarf dringend auch der Kraft des Herzens – und damit der Liebe, die von Herz zu Herz geht.

Antoine de Saint-Exupéry hat diese Lebensweisheit wunderbar in seinem Büchlein „Der kleine Prinz“ von diesem sagen lassen: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Die vielen Wallfahrer in Rom zum Heiligen Jahr sind auch eine Erinnerung daran.

Bild: stockme / adobe stock

Über den Autor/ die Autorin

Pater Heinz-Willi Rivert SAC

Geboren 1960 in Rheinbach bei Bonn. Katholischer Priester in der Gemeinschaft der Pallottiner, Diplom in Theologie und in Psychologie. Ehemals in der Jugend-, Pfarr-, Schul- und Hochschulseelsorge tätig, kurz nach der Wende von 1989 auch für drei Jahre im Bistum Erfurt. Seit 2020 lebt er im Missionshaus der Pallottiner in Limburg/Lahn. Er ist tätig in der Seelsorge, in religiöser Erwachsenenbildung und in der freien Mitarbeit bei verschiedenen Publikationen.