Der Weg zur Hölle durch Homöopathie?

Der Chemiker und Arzt Samuel Hahnemann (+1843) begründete diese Form der Therapie, nachdem er entdeckte, dass Gifte sowohl schaden als auch heilen können, je nach Dosis. Und dass das Mittel noch besser wirkt, wenn es mit Alkohol verdünnt und verschüttelt wird. So entstanden die Potenzen. Also ein Teil Pflanzentinktur mit zehn Teilen Wasser-Alkohol-Gemisch verdünnt, ergibt die Bezeichnung D1. Vermischt man diese wiederum mit zehn Teilen Wasser-Alkohol-gemisch, haben wir D2 usw.

Er wollte den ganzen Menschen heilen, nicht nur die Symptome. Die H. beansprucht die Heilung von Allergien, Neuralgien, Magen-Darm-Erkrankungen, Migräne, Schlafstörungen, chronischen Krankheiten, Atemproblemen und vieles mehr. Eine Untersuchung der IIP-COS-Studie ergab, dass 83% der Atemwegserkrankten nach kurzer Zeit erhebliche Besserungen zeigten, während es nur 69% der konventionell Behandelten waren.

Heftige Attacken der Gegner
Da Hahnemann Freimaurer war, kann nichts Gutes von ihm kommen. So die Kritiker. Und da im Mikroskop nichts mehr von der angeblich heilenden Substanz zu sehen ist, fragt man sich, wer oder was denn da heilt. Die einen wittern dämonische Einflüsse, die anderen sehen in der Wirksamkeit der Globuli und Tinkturen allenfalls einen Placebo-Effekt, d.h. die Erwartungs-haltung des Patienten lässt die gewünschte Heilung eintreten. Einige behaupten, die H. mache abhängig vom Homöopathen, führe zu schweren Störungen und ist nicht nur harmlos. Dasselbe kann ich aber auch auch von der Schulmedizin sagen. Und wenn die schädlichen Wirkungen auch nur eingebildet sind, haben wir den Nocebo-Effekt.

Differenzierte Aussagen
Die beiden Ärzte Rainer Wolf (Biozentrum der Uni Würzburg)und Jürgen Windeler (Mediz.Biometrie Uni Heidelberg) halten es da etwas nüchterner. Für sie ist die H. eine Methode mit günstigem unspezifischem Effekt bei geringem Risiko. Sie geben der H. eine deutliche Placebo-Wirkung und wollen den Begriff „Placebo“ keineswegs negativ oder abwertend verstanden wissen. Denn der Mensch heilt sich in hohem Maß selber, vor allem, wenn er behandelt wird und daran glaubt.

Sie meinen aber auch, dass die H. eine irrationale Heilslehre ist, die keinen Widerspruch duldet. Der interessierte Leser findet den ganzen Bericht bei gwup.org unter dem Stichwort „Homöopathie“.

Bewertung
Homöopathen und Patienten erwähnen immer wieder Erfolge, auch bei Tieren und Kleinkindern, bei denen der Placebo-Effekt wegfällt.

Bei meiner Suche nach wissenschaftlich fundierten Ergebnissen homöopathischer Behandlungen bin ich nicht fündig geworden. Soll ich nun deshalb die ganze H. über Bord werfen oder ist es sinnvoll, sie in Maßen zu nutzen, wenn harte Chemie vermieden werden kann? Ich kenne keinen einzigen Patienten, der sich durch jahrelangen Gebrauch homöopathischer Mittel irgendeine der von den Kritikern erwähnte Störung zugezogen hat. Im Gegenteil: Ich höre von guten Erfolgen, von Wirkungen ohne schädliche Nebenwirkungen, allenfalls von fehlender Wirkung. Sollte man nicht endlich bedenken, dass die Schöpfung Gottes größer ist als unser kleinkariertes, angstbesetztes, unerlöstes Denken?  Wer überall den Teufel wittert, weil irgendetwas unerklärlich ist, betreibt eine Dämo-kratie, die eines beweist: Sein Glaube an die Phantasie Gottes scheint klein zu sein. Vielleicht hat ihn aber auch sein Fanatismus und Fundamentalismus ein bisschen genarrt.

 Standpunkt der Kirche
Vom 20.-21.Okt 2009 fand im Vatikan ein Seminar statt zum Thema „Die traditionelle und komplementäre Medizin“ . Moderator war Kardinal Paul Poupard. In dem mir vorliegenden achtseitigen Protokoll wird die Homöopathie ausdrücklich empfohlen als eine ganzheitliche, den Selbstheilungsprozess förderliche, nicht toxische Heilmethode.  Teilnehmer waren Ärzte, Priester, Therapeuten aus aller Welt, darunter der Biologe Prof.L.Rey, der seine Forschungen zu homöopathischen Verdünnungen präsentierte.

Alles in allem: Die H. kann helfen, muss aber nicht. Wer sie fürchtet, darf sie meiden. Wer sie verteufelt, wurde Opfer einer angstbesetzten, wenngleich frommen Gegnerschaft.

Über den Autor/ die Autorin

Pater Dr. Jörg Müller SAC

Pater Dr. Jörg Müller SAC stammt von Bernkastel-Kues an der Mosel (geb 1943). Er durchlitt die Schulzeit, ist zweimal sitzengeblieben, und hat sich dann in den Studien der Theologie , Philosophie und Pädagogik (Trier, Innsbruck), Psychologie und Pathologie (Salzburg) davon erholt. Er war Lehrer an verschiedenen Schulen in Trier, Salzburg, Tamsweg und Saarburg, dann Psychotherapeut mit eigener Praxis, bis ihn der Frust packte und er in Tunesien eine T-Shirt-Fabrik baute. Vom Partner betrogen,  kehrte er zurück nach Deutschland und trat in die Gemeinschaft der Pallottiner  ein. Das war 1989 am Tag des Mauerfalls. Im Pallotti Haus Freising gründete er die Heilende Gemeinschaft, eine stationäre, therapeutische Einrichtung für Menschen in seelischer Not. Inzwischen hat er über 60 Bücher geschrieben und 4 Lied-Cassetten herausgebracht; er ist unter anderem auch als Kabarettist  unterwegs.